Berliner Höhenweg über die Mörchenscharte

Berge, Gletscher am Berliner Höhenweg zur Mörchenscharte oberhalb der Berliner Hütte in der Abendsonne, Zillertal, Tirol, Österreich

Der Übergang vom Spätsommer in den Herbst bringt im Hochgebirge der Alpen oft unvergleichliche Eindrücke hervor. Das Gras auf den Hängen nimmt schon eine gelblich-bräune Färbung ein. Die nun deutlich kürzeren Tage bieten hingegen längere Zeitabschnitte mit einer tiefstehenden Sonne und flachem Lichteinfall, was die Landschaft plastisch modelliert. Lange Touren hingegen erfordern schon den Einsatz von Stirnlampen in der Dämmerung. Dafür ist die Wetterlage oft stabiler und es drohen weniger Gewitter. Aus all diesen Gründe wollte unsere kleine Gruppe vor dem Saisonabschluss der Hochgebirgs-Hütten gegen Ende September noch eine letzte, zweitägige Tour auf dem Berliner Höhenweg gehen.

Das pyramidenförmige Steinmandl vor Gletschern, Berggipfeln und den rötlichen Schleierwolken bei Sonnenuntergang an der Berliner Hütte, Zillertal, Tirol, Österreich

Da uns im Jahr zuvor die Berliner Hütte und deren Umgebung so gut gefallen hatte, wählten wir sie erneut als Übernachtungsort. Sie liegt inmitten der vergletscherten Hochgebirgswelt der südlichen Zillertaler Alpen. Nachdem wir im Vorjahr die sogenannte Königsetappe des Berliner Höhenwegs über das Schönbichler Horn gegangen waren, planten wir diesmal den Abschnitt in die andere Richtung, von der Berliner Hütte zur Greizer Hütte über die Mörchenscharte. Der gesamte Berliner Höhenweg legt in etwa einer Woche gut 85 Kilometer zurück und überwindet rund 6.600 Höhenmeter. Es bestehen aber auch zahlreiche Talzugänge, so dass die Etappen in Teilen oder mit individuellen Varianten begangen werden können.

Bei herrlich sonnigem Herbstwetter stiegen wir durch den Zemmgrund gemütlich zur Berliner Hütte auf und konnten die letzten Sonnenstrahlen auf der Terasse geniessen, bevor die Sonne hinter dem Bergrücken verschwand. Ich stieg noch ein Stück des Wegs aufwärts in Richtung Schwarzensee, um das letzte Sonnenlicht im oberen Talgrund für Fotos zu nutzen. Danach folgte ein kitschig-schöner Sonnenuntergang mit Alpenglühen.

Bergwanderer an der Rezeption der Berliner Hütte, Zillertal, Tirol, Österreich

Das Team der Hütte versorgte uns auch an diesem letzten Wochenende vor der winterlichen Schliessung wie gewohnt herzlich und mit gutem Essen. Die denkmalgeschütze Hütte mit Ihrer prunkvoller Einrichtung, den holzvertäfelten Speisesälen, der geschnitzten Bar oder der Empfangshalle mit rotem Teppich, beeindruckt mich erneut. In und um die Hütte gibt es immer wieder neue meisterhafte handwerkliche Details zu entdecken und Anekdoten über die Geschichte der Hütte zu lesen oder vom Hüttenteam erzählt zu bekommen. Im großen Saal liessen wir uns das reichhaltige Essen bei einem guten Rotwein schmecken.

Sternenhimmel mit der Milchstraße über der Berliner Hütte und den Berggipfeln, Zillertal, Tirol, Österreich

Als die Dämmerung vorbei und die dunkle Nacht angebrochen war, staunten wir über den grandiosen Sternenhimmel im diesmal wolkenfreien Himmel. Die Milchstrasse erhob sich genau senkrecht über dem Horizont. Mit einer App wie z.B. PhotoPills, lässt sich ja der Stand der Milchstrasse und Sterne bestimmen und Fototouren zeitlich danach planen. Ich bin hingegen eher ein „Phototaker“, der im Rahmen der geplanten Wanderungen mit den gegebenen Bedingungen fotografiert. Dennoch lassen sich durch die App vor Ort noch wichtiger Erkenntnisse gewinnen, um z.B. einen optimalen Standpunkt zu ermitteln und die genaue Richtung, in der Sonne und Mond auf- bzw. untergehen. Nun taten auch die Fleece-Handschuhe ein Gutes, denn die Nacht war bereits frostig und das Arbeiten mit Stativ und Langzeitbelichtung benötigt doch seine Zeit.

Wanderer auf dem Berliner Höhenweg vor Waxeggkees und Großem Möseler, Zillertal, Tirol, Österreich

Am folgenden Morgen starteten wir früh in den schon sonnigen, aber noch frostigen Tag auf die Etappe des Berliner Höhenwegs zur Greizer Hütte. Wir folgten dem aufsteigenden Weg zuerst durch Bergkiefern und später über sanft geneigte Grashänge. Der Weg ist über längere Abschnitte mit großen Steinplatten gepflastert, was ein angenehmes Gehen ermöglicht. Nach ungefähr einer halben Stunde erreichen wir die sehenswerten Moorböden des Schwarzsteinmoors. Darin eingebettet befinden sich kleine, dunklen Seeaugen, in denen sich Waxeggkees und Großer Möseler spiegeln. Das Hochtal weitet sich unter uns nochmals in einen breiteren Talboden, über den wir auf den eindrucksvollen Talabschluss mit dem Gipfelpanorama von der Zsigmondyspitze, den Mörchenspitzen, dem Schwarzensteinkees bis zur Berliner Spitze blicken können.

Turnerkamp, Großer Möseler, Steinmandl, Waxegg- und Hornkees spiegeln sich in einem See, Zillertal, Tirol, Österreich

Die Gletscher selbst sind weit zurückgezogen, selbst die hohen Schneemengen des letzten Winters wurde vom heissen Sommer erneut überproportional abgeschmolzen. Unterhalb des aperen Eises liegen nackt die vom Eis abgeschliffenen, blanken Felsen sowie die bereits von Pflanzen besiedelten Geröllhänge der Seitenmoränen, die den früheren Gletscherstand erahnen lassen. Der nächste Höhepunkt am Wegverlauf, der Schwarzensee, lädt dann zur ersten Rast. Danach verläuft der Weg nun deutlich steiler über Geröll und Steinplatten in das Roßkar und schliesslich auf den letzten Metern über Blockwerk zur Mörchenscharte.

Blick von der Mörchenscharte auf Turnerkamp, Großer Möseler, Waxegkees und Hornkees am Zemmgrund, Zillertal, Tirol, Österreich

Der Blick zurück zeigt uns noch einmal das großartige Tourengebiet für Bergsteiger und Hochtourengeher rund um die Berliner Hütte, die tief unten im Tal noch zu erkennen ist: Turnerkamp (3.418) und Großer Möseler (3.480 m) vor den Gletschern Waxegg- und Hornkees. Markant ragt rechts der Ochsner (3.107 m) empor, im Hintergrund zeigen sich Hoher Riffler (3.231 m) und Olperer (3.476 m). Das macht den Reiz des Höhenwegs aus – tolle Panoramen und doch fordernde Wegabschnitte in hochalpinem Gelände – mit immerhin 2.872 m erreicht der Weg an dieser Stelle wieder eine beachtliche Höhe. Nur der Übergang über die Schönbichler Scharte erreicht mit 3.060 m einen noch höheren Wegpunkt.

Blick von der Mörchenscharte auf den Floitengrund, Greizer Hütte und den Großen Löffler, Zillertal, Tirol, Österreich

Die Aussicht auf die andere Seite der Mörchenscharte zeigt tief unten, an der gegenüberliegenden Talseite, die Greizer Hütte. Sie wird überragt vom Kleinen und Großen Löffler (3.379 m). An diesem höchsten Punkt unserer Wanderung angelangt, war es Zeit für die nächste Pause. Noch einmal die Oberschenkel lockern und die Schuhe enger schnüren, denn nun folgten 1.000 Höhenmeter Abstieg. Dieser durchlief erneut alle Zonen des Hochgebirges: aus der Welt von Schnee und Eis über steile Fels- und Geröllhänge, auf Serpentinenwegen über Grashänge und Bergkiefern sowie kurze, seilversicherte Abschnitte hinab ins Tal, zum sogenannten Floitengrund.Immer die Hütte im Blick, liess sich gute die aktuell erreichte Höhe abschätzen. Wer kennt nicht das Gefühl, dass mit zunehmend zurückgelegter Wegstrecke das verbleibende Stück sich länger und länger zu dehnen scheint. Vor allem, wenn nun die restliche Strecke, das ganze Tal hinunter bis nach Ginzling, ins Blickfeld rückt.

Abstieg von der Mörchenscharte in den Floitengrund auf dem Berliner Höhenweg, Zillertal, Tirol, Österreich

Für Wanderer auf dem Berliner Höhenweg beginnt der kurze, aber steile Gegenanstieg von 400 Höhenmetern zur Greizer Hütte. Wir hingegen wendeten uns talwärts, um den verbleibenden „Hatscher“ anzugehen. Immerhin bieten die Jausenstation Steinbockhütte und die Tristenbachalm zwei Einkehrmöglichkeiten, wobei für erstere noch rund 6 km Strecke zurückzulegen waren. Aber an einem solch‘ herrlichem Herbsttag und der aussichtsreichen Strecke war dies ein kurzweiliges Vergnügen und das folgende kühle Bier wohl verdient. Einmal sitzend, konnten wir uns schwer aufraffen, die letzten anderthalb Stunden zu Fuß zu gehen. Mindestens eine Person musste ja auch noch das Auto, das am Gasthof Breitlahner geparkt war, abholen. Daher verbanden wir das Notwendige mit dem Angenehmen und liessen uns vom Hüttentaxi gleich den ganzen Weg zurück zum Auto bringen.

 

1 Kommentar

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Horn und wieder hinab zum Schlegeisspeicher. In nachfolgeden Jahr konnte ich den anderen Abschnitt, über die Mörchenscharte in den Floitengrund, […]

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.