Die bunten Kirchen von Santorin
Die Kirchen von Santorin folgen weitgehend den typischen Formen von orthodoxen Kirchen: nach Osten ausgerichtet, das Kirchenschiff in Form eines Kreuzes und Kuppel, die sogenannte Kreuzkuppelkirche. Sie besteht üblicherweise aus einem quadratischen Raum mit Säulen oder Pfeilern im Zentrum, vier in der Gestalt eines griechischen Kreuzes angeordnete Tonnengewölbe und darüber in der Mitte eine Kuppel. Dennoch hat sich eine unvergleichliche Vielfalt mit individuellen Farben und Formen aus diesen Basisstrukturen entwickelt.
Der Altarraum ist in der klassichen Form vom Kirchenschiff, wo sich die Gemeinde versammelt, getrennt. Dies wird optisch durch eine mit Bildern bedeckte Trennwand umgesetzt, der Ikonostase. Diese Trennung kann als Rückgriff auf die vorchristliche, griechische Tradition verstanden werden. Für die orthodoxe Theologie steht das Verbergen des Allerheiligsten dafür, dass Gott ohne Vermittlung durch Christus unerreichbar sei. Trotz dieser Raumteilung kann die hinter der Trennwand gesprochene und gesungene Liturgie im Gemeinderaum akustisch gut verstanden werden. Das kannte ich auch noch aus der katholischen Lithurgie meiner Kindheit, die zu großen Teilen von der Gemeinde abgewandt durchgeführt wurde (und man nur den Rücken des Priesters sah).
Dem Kirchenschiff vorgelagert ist oft eine offene oder geschlossene Vorhalle in der Breite des Kirchengebäudes. In diesem Eingangsbereich werden oft Kerzen, Ikonen und kirchliche Gegenstände verkauft. Es ist aber nicht so kommerziell wie in jener Bibelgeschichte, in der Jesus die Händler und Geldwechsler aus dem Jerusalemer Tempel vertrieb.
Auf der Insel Santorin vermischten sich die orthodoxen und byzantinischen Baustile mit Elementen der kykladischen Architektur: den einfachen, weiß getünchten, kubischen Häusern, oft mit blauer Kontrastfarbe, z.B. auf den Kuppeln. Die lokalen vulkanischem Gesteine und die steile Küste haben dazu geführt, dass man dort gut Höhlen graben konnte. Viele solcher Höhlen wurden dann um Gebäude ergänzt, wobei die runde Deckenform auf die freistehenden Gebäude übertragen wurden. Deshalb stellt das Tonnengewölbe die traditionelle Dachform auf Santorin dar.
Die Gebäude besitzen meistens eine sehr geometrische Form mit Kuppeln, ursprünglich ohne dekorative Ornamente. Sie wurden nach Bedarf entsprechend der Geländestruktur an- und aufgebaut. Das erklärt die vielen engen und verwinkelten Gassen, Balkone und Treppen an der Steilküste der Caldera.
Eine weitere Besonderheit findet sich in der Innenstadt von Fira. Während der venezianischen Besatzung der Insel im 19. Jahrhundert gründeten Katholiken eine Siedlung und errichteten 1823 die Kathedrale Ieros Naos Agiou Ioannou tou Baptistou, weshalb der Ortsteil auch „katholisches Viertel“ genannt wird. Die Kathedrale weist starke Elementen im Stil der Kirchen des westlichen Mittelmeers auf, ebenso wie das daneben liegende Kloster der Dominikanerinnen.
Die Glockentürme auf Santorini sind für ihre einzigartige Architektur bekannt, die sich harmonisch in die charakteristische Ästhetik der Kykladeninseln einfügt. Sie schaffen einen malerischen Kontrast zum tiefblauen ägäischen Meer und dem klaren Himmel.
Die geometrischen Formen schaffen ein unverwechselbares und fotogenes Erscheinungsbild. Dabei werden die Farben auch gerne verändert, wie ich auf vielen Bildern, zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen, nachvollziehen konnte.
Diese architektonischen Merkmale sind nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern spiegeln auch die kulturelle und religiöse Geschichte der Insel wider. Die harmonische Integration von Form und Farbe in den Glockentürmen trägt wesentlich zum einzigartigen Charme und zur Identität Santorinis bei.
In Oia fand ich eine Kirche mit bunten Wimpel geschmückt. Es stellte sich heraus, dass dies aus Anlass des Kirchweihfests der Erzengel Michael und Gabriel war.
Die Glockenspiele werden an vielen Kirchen und Kapellen noch von Hand geläutet, worauf die herunterhängenden Seile hinweisen.
Auf Santorin stehen viele Kirchen und Kapellen an ungewöhnlichen oder herausragenden Orten, harmonisch in die beeindruckende Landschaft eingebettet, z.B. auf Berggipfeln oder an den Küsten. Sie sind lohnenswerte Ziele für Wanderungen, wie z.B. am Skaros-Felsen bei Imerovigli.
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[…] die sehenswerte Kathedrale, die Johannes dem Täufer gewidmet ist. Die sakrale Architektur der Kirchen mit ihren bunten Kuppeln und teils filigranen Glockentürmen ist typisch für Santorin oder die Kykladen. Die nächsten bunten Kirchengebäude, das Kloster der […]
[…] wären die Farben und Formen der Kirchen auf Santorin nicht schon attraktiv genug, fand ich auf meinen Streifzügen während unseres Aufenthalts in Oia […]
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