Von Philanthropen und Philhellenen
Bei unserer Stadttour durch Athen kamen wir an markanten Bauwerken und Kunstwerken vorbei, hinter denen interessante Entstehungsgeschichten mit Philanthropen (Menschenfreunden) und Philhellenen (Freunde des Griechischen) stehen. In einer persönlichen Zusammenstellung möchte ich einige Zusammenhänge exemplarisch erwähnen, welche an diesem Tag nicht nur geografisch, sondern auch inhaltlich eng miteinander verbunden sind.
Nach dem Wachwechsel der Präsidialgarde am Parlament war das Zappeion das nächste Ziel auf der Route unseres Stadtrundgangs. Daher beginne ich mit diesem Gebäude im klassizistischen Stil, das multifunktional für Veranstaltungen und Tagungen genutzt wird. Der Entwurf stammte vom dänisch-österreichischen Baumeister und Architekten Theophil von Hansen der im 19. Jahrhundert in Athen und Wien wirkte. Weitere Gebäude dieses Philhellenen prägen noch heute das Stadtbild von Athen, z.B. Akademie, Universität, Bibliothek oder die Metropoliskirche.
Errichtet wurde das Zappeion 1874-1888 vom Bauleiter Ernst Ziller, ein Schüler Hansens , der aus einer berühmten sächsischen Baumeisterfamilie entstammte. Er betätigte sich zudem auch als Bauforscher und Archäologe. Dieser Umstand bringt mich zum nächsten thematisch verbindenden Element und zugleich der nächsten Sehenswürdigkeit des Stadtführung.
Ernst Ziller verdanken wird die Entdeckung des antiken Panathenäischen Stadions im Stadtteil Kallimarmaro. Er leitete die Ausgrabung und Wiedererrichtung des heutigen Panathinaikon Stadions, in dem 1896 auch die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet wurden. Auch das Zappeion wurde damals als Wettkampfstätte genutzt.
Es gibt noch eine weitere nennswerte Verbindung zwischen diesen Orten und den Personen: durch den Kaufmann und Mäzen Evangelos Zappas: Als Philanthrop finanzierte er die Errichtung von Sporthallen und Ausstellungsgebäuden, aber vor allem die Durchführung der „Olympien“. Das waren Sportveranstaltungen, die als Vorläufer der modernen Olympischen Spiele gelten (und Baron Pierre de Coubertin möglicherweise zur Gründung des Internationalen Olympische Komitees inspirierten).
Nach seinem Tod vermachte Zappas den größten Teil seines Vermögens dem „Komitee der Olympien“ unter der Bedingung, geeignete Stätten für diese Spiele zu errichten. Als Resultat können wir heute das von Ziller rekonstruierte Athener Panathinaikon-Stadion und das nach Zappas benannte Zappeion bewundern.
Ein weiterer Bewunderer der griechischen Kultur, aber zu einer völlig anderen Zeit, war der römische Kaiser Hadrian. Im 2. Jahrhundert nach Christus liess er in Athen Spiele und Wettkämpfe austragen, die man in der Tradiiton der antiken olympischen Spiele verstehen kann. Mit bedeutenden Baumaßnahmen förderte er das kulturelle und gesellschaftliche Selbstverständnis der Griechen. Er vollendete den Bau des Olympieions, einer der größten Tempel im antiken Griechenland. Am Olympieion-Bezirk vorbei führte uns nämlich nun der Weg vom Panathinaikon-Stadion hinüber zur Akropolis. Dabei durchschritten wir die Überreste des Hadrians-Tor, das die Athener zu Ehren des ihnen wohlwollenden römischen Kaisers errichten liessen.
Während wir uns langsam der Akropolis annäherten, blickten wir an deren Südhang auf die Ruinen des antiken Theaters des Dionysos. Dessen archäologische Ausgrabung wurde wiederum von – man ahnt es – Ernst Ziller massgeblich begleitet. Das Dionysostheater gilt als das erste Theater der Welt überhaupt, war somit natürlich auch das wichtigste Theater im antiken Griechenland. Bei jährlichen Festspielen wurden viele Werke uraufgeführt, unter anderem von Sophokles.
An einer Büste des Sophokles waren wir ja bereits zu Beginn der Tour, zwischen Syntagma-Platz und Zappeion, vorbeigekommen. Trivia: Sophokles ist der Urheber von so bedeutender Tragödien wie Antigone, König Ödipus oder Elektra – wer erinnert sich an seine Schulzeit?
Wir genossen noch einmal die Abendsonne und den Panoramablick auf dem Pnyx-Hügel, bevor der Abstieg nach Monastiraki bevorstand. Am Abend schloss sich der Kreis dieses Stadtrundgangs und meiner Erzählung mit den Säulen der Hadrians-Bibliothek am zentralen Monastiraki-Platz.
Unterwegs hatten wir bereits einen verheissungsvollen Blick auf die Karte und den einladenden Gastraum des Restaurants Caravin werfen können – unsere Location für den heutigen Abend. Ein Ort mit dem Motto „Wein und Wanderlust“ kann nicht passender ausgewählt sein.
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