Lebendige Geschichte – Praia
Die Holzplanken der Karavellen ächzen unter den neu hinzugeladenen Lasten. Die schweren Taue knirschen unter dem Zug des Ankers. Die Skelette der Schiffsaufbauten tanzen den Todesreigen für viele der armen Afrikaner, die mit lautem Peitschengeknall unter Deck gepfercht werden. Plötzlich erschallt der Ruf : „Piraten in Sicht!“. Die wohlgeordnete Szenerie verfällt ins Chaos. Hastig räumen Händler ihre wertvollen Habseligkeiten zusammen, ganze Familien sieht man eilig davonstürmen; es herrscht das blanke Entsetzen in den Gesichtern der Menschen. Wieder einmal wird geraubt, gebrandschatzt und gemordet werden.
Während wir von der letzten Etappe der Reise von Fogo nach Santiago unterwegs sind, läuft vor meinem geistigen Auge eine Szene ab, wie sie sich vor 400 Jahren abgespielt haben könnte. Ich gehe in der Geschichte der Insel Santiago spazieren und sehe die Schiffe der Freibeuter John Hawkins, Lovelle, Drake und Jack Cassart. Mir begegnen die Navigatoren Bartholomeus Diaz, ich erblicke Christoper Kolumbus und Vasco Da Gama im Gespräch vertieft und ziehe meinen Hut vor James Cook. Ja sogar Alexander von Humboldts vielbeschäftigten Kopf scheine ich im Gewirr der Menschen in Raum und Zeit erkannt zu haben. Die Verdichtung der Geschichte zeigt die Bedeutung der Häfen von Santiago, der alten Hauptstadt Cidade Velha und Kapverdes neues politisches Zentrum Praia. Vom neuen Hafen wird die einfache Struktur der Stadt ersichtlich. Zwischen den Stadtvierteln in breiten Trockentälern erhebt sich auf einem Felsplateau die Oberstadt 30 m über das Meeresniveau. Auf einer Fläche von 500 x 300 m konzentriert sich die Administration der Kapverden, mit Ausnahme der Nationalversammlung. Diese liegt etwas vorgelagert im besseren Viertel der Stadt Prainha, das sich auf einer Landzunge bis zum Leuchtturm Ponte Emerosa erstreckt. Weiterlesen
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